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Für Babys ist Schreien der zuverlässigste Weg, sich ihrer Umwelt mitzuteilen. So erfahren die Eltern, dass sie Hunger und Durst haben oder die Windeln voll sind. Wenn es allerdings in einen Schreikrampf ausartet, steckt meist mehr als ein blosses Bedürfnis dahinter. Erfahren Sie hier, woran Sie Schreikrämpfe bei Babys erkennen, ob solche Anfälle gefährlich sind und wie Sie am besten damit umgehen.
Was ist ein Schreikrampf?
Zunächst gilt es, Schreikrämpfe bei Babys von normalem Schreien zu unterscheiden. Manchmal wird auch von Affektanfällen bzw. Affektkrämpfen gesprochen, weil es eine Reaktion auf starke Affekte wie Angst, Wut oder Enttäuschung ist. Das wichtigste Merkmal ist die Intensität des Schreikrampfes. Das Baby steigert sich derart ins Schreien hinein, dass es nicht mehr ansprechbar ist. Von aussen nehmen Sie in erster Linie wahr, dass Ihr Kind ohne Unterlass und immer intensiver schreit. Eventuell bemerken Sie, dass der Körper komplett steif ist und die Atmung stockt. Schliesslich tritt ein totaler Erschöpfungszustand ein, oft begleitet von einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit.
Gerade beim ersten Mal ist es eine erschreckende Erfahrung, wenn Ihr Baby derart schreit. Doch ist diese extreme Reaktion mit einer mangelnden Fähigkeit des Babys zur Selbstregulation leicht zu erklären. Manche Erlebnisse sind so intensiv, dass sie eine kaum kontrollierbare Wirkung auf das Baby haben. Wenn es dann lange und laut schreit, tritt allmählich ein Sauerstoffmangel ein. Die Stimmritze verengt sich, bis es schliesslich zu einem vollständigen Verschluss mit Atemstillstand kommt. Die üblichen Folgen sind blau verfärbte Lippen, krampfartige Zuckungen und schliesslich Bewusstlosigkeit.
Schreiendes-Baby
Im Prinzip ist es eine kluge Reaktion des Organismus, bei Schreikrämpfen rechtzeitig den Blutdruck zu senken und den Herzschlag zu verlangsamen. So wird die Bewusstlosigkeit gezielt herbeigeführt. Die Augen verdrehen sich und der kleine Körper sackt schlaff in sich zusammen. Nun entspannt sich die Muskulatur und die Atmung kann wieder normal arbeiten. Vor dem Aufwachen kann es aufgrund der steigenden Sauerstoffversorgung zu Zuckungen, den sogenannten Streckkrämpfen kommen.
Kein Grund zur Panik
Die gute Nachricht ist: Schreikrämpfe bei Babys sind völlig ungefährlich. Auch wenn sie für die Eltern von aussen sehr dramatisch aussehen, so trägt ihr Kind doch keinen Schaden davon. Der kurzzeitige Sauerstoffmangel ist weder für den Körper noch für das Gehirn ein Problem. Der Organismus achtet selbst darauf, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen und leitet daher die Bewusstlosigkeit ein.
Insgesamt hält der Zustand nur so kurz an, dass die einzige Folge eine starke Erschöpfung ist. Oft sind die Babys hinterher so müde, dass sie erst einmal ein Schläfchen brauchen. Auch die Streckkrämpfe, die während der Bewusstlosigkeit auftreten können, sind völlig harmlos.
Unterschied zum Nachtschreck
Manche Eltern berichten davon, dass ihre Kinder aus dem Schlaf heraus Schreikrämpfe bekommen. Hier ist es wichtig, eine Unterscheidung zu dem sogenannten Nachtschreck zu machen. So tritt ein echter Schreikrampf nach dem Mittagsschlaf oder Nachtschlaf auf, während der Nachtschreck die Schlafphase mittendrin unterbricht. Ausserdem wird das Kind beim Nachtschreck gar nicht richtig wach, ist nicht ansprechbar und schläft nach einer Weile von selbst wieder ein.
Kind hält sich aus Angst die Hände vor das Gesicht
Bei einem Schreikrampf nach dem Mittagsschlaf oder am Morgen kommt Ihr Baby zunächst zu Bewusstsein. Sie versuchen es zum Beispiel zu wecken oder es wird durch etwas anderes wach. In diesem halb wachen Zustand ist die Selbstregulation noch schwieriger als sonst. Daher kann es in der Aufwachphase eher mal zu einer Überreaktion in Form eines Schreikrampfes kommen. Vielleicht erschrickt das Kind vor dem Weckenden oder hat noch einen Traum gehabt, auf den es reagiert. Nun gilt es, das Baby zu beruhigen.
Häufigkeit und Verbreitung
Schreikrämpfe bei Babys treten gehäuft zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr auf. Davor und danach sind sie nur sehr selten. Mit zunehmendem Alter lernt das Kind immer besser, Eindrücke zu verarbeiten und seine eigenen Reaktionen zu regulieren. Daher verschwinden die Schreikrämpfe irgendwann ganz von allein.
Es ist auch bei Weitem nicht jedes Kind betroffen. Man geht von ca. 5 - 10 % aus, die unter Schreikrämpfen leiden.
Die Häufigkeiten schwanken dabei von einzelnen Anfällen pro Jahr bis hin zu mehreren pro Tag. Bei Mädchen kommen sie generell etwas seltener vor als bei Jungen. Ausserdem scheint es so, als ob besonders sensible, lebhafte und willensstarke Kinder eher einen Affektanfall bekommen. Womöglich erleben sie Emotionen noch intensiver, was die Selbstregulation schneller überfordert. Letztlich lässt sich eine familiäre Häufung feststellen. Wenn also bereits die grossen Geschwister oder die Eltern selbst als Babys unter Schreikrämpfen gelitten haben, ist das Risiko für das jeweilige Kind erhöht.
Wie Sie sich bei einem Schreikrampf richtig verhalten
Wenn Ihr Baby schreit, können Sie es normalerweise mit der Befriedigung des entsprechenden Bedürfnisses und gutem Zureden beruhigen. Das ist im Falle eines Affektkrampfes kaum möglich. Dennoch sollten Sie Ihr Baby beruhigen, so gut es eben geht. Berühren Sie es sanft und reden Sie dabei ruhig auf es ein. Die meisten Kinder sind während eines Schreikrampfes allerdings nicht mehr zu erreichen. Manchmal hilft es noch, das Kuscheltuch zu holen oder mit einem kalten Waschhandschuh über das Gesicht zu fahren. Tritt schliesslich die Bewusstlosigkeit ein, legen Sie Ihr Kind sicher auf die Seite. Warten Sie ruhig, bis es wieder zu sich kommt.
Besser als die Intervention ist die Prävention. Eltern von Kindern, die zu Schreikrämpfen neigen, lernen oft, diese vorherzusehen. In der Regel ist es ein typischer Gesichtsausdruck oder die Eltern kennen die Ereignisse selbst, die zu übermässigen Reaktionen führen. Dann ist es möglich, ehe das Baby schreit, einzuschreiten. Lenken Sie es so gut wie möglich ab und ziehen Sie die Aufmerksamkeit auf etwas Positives. Das kann zum Beispiel ein Spielzeug oder notfalls das Handy sein. Versuchen Sie, das Baby zu beruhigen, bevor es mit dem Schreien beginnt. Ruhiges reden und liebevolle Berührungen sind hierbei sehr hilfreich.
Entstehen die Schreikrämpfe aus Wut oder Trotz heraus, ist es umso wichtiger, dass Sie selbst Gelassenheit ausstrahlen. Lassen Sie sich nicht auf einen Streit ein. Es ist absolut kontraproduktiv, die negativen Gefühle weiter anzuschüren.
Das gilt es bei häufigen Schreikrämpfen zu beachten
An sich sind Schreikrämpfe bei Babys kein Grund zur Beunruhigung. Wenn die Affektanfälle jedoch sehr häufig auftreten oder lange andauern, sollte ein Kinderarzt konsultiert werden. Wenn Ihr Kind zum ersten Mal einen Anfall hat, sprechen Sie dies bei der nächsten Untersuchung ebenfalls an. In Einzelfällen können andere Ursachen wie beispielsweise eine Epilepsie vorliegen.
Des Weiteren sollten Sie Ihre erzieherischen Überzeugungen nicht wegen Schreikrämpfen bei Ihrem Nachwuchs aufgeben. Bleiben Sie trotz allem konsequent aber ruhig. Sollten Sie nachgeben und Zugeständnisse machen, um einen Schreikrampf zu vermeiden, verstärken Sie dieses Verhalten lediglich positiv. Statt es zu vermeiden, festigt es sich und wird in Zukunft häufiger auftreten.